Sorbus aucuparia
Eberesche oder Vogelbeere
Familie: Rosengewächse (Rosaceae)
Im oberen Bereich der Zeitenbäume, gegenüber von Elsbeere (Sorbus torminalis) und Speierling (Sorbus domestica) wurden zwei Ebereschen (Sorbus aucuparia) gepflanzt. Vier Vertreter der Mehlbeeren kann man hier betrachten und vergleichen. Nur auf die Mehlbeere selbst wurde, auf Anraten der Fachleute, wegen ihrer Anfälligkeit für Feuerbrand verzichtet.
Die Eberesche, die auch Vogelbeere oder auch Drosselbeere genannt wird, stellt ein besonders wichtiges Tiernährgehölz dar. 31 Säugetierarten und 72 Insektenarten, darunter viele gefährdete, leben von ihren Blüten und Blättern. Ihre Früchte werden von 63 Vogel- und 20 Säugetierarten genutzt. Die Bedeutung dieses Baumes kann nicht hoch genug geschätzt werden!
Steckbrief
Die Eberesche hat ihr natürliches Verbreitungsgebiet in ganz Europa bis nach Sibirien hinein. In Kleinasien und Westsibirien kommt sie meist als eigene Unterart Sorbus aucuparia glabrata vor. Sie fehlt jedoch in extremen Trockengebieten sowie an felsigen oder sandigen Küsten Südeuropas, wie zum Beispiel in Spanien oder Griechenland, oder in Steppenlandschaften wie der Puszta. In Österreich findet man sie häufig in den Alpen, wo sie bis zu 2000 Meter Seehöhe erreichen kann, und im Alpenvorland, nicht jedoch im äußersten Osten. Ebereschen oder Vogelbeeren werden nicht besonders alt, maximal 100 bis 120 Jahre.
Als Pionierbaum kommt sie mit vielen Böden und Standorten zurecht, von feucht bis trocken, von Auwäldern bis ins Hochgebirge. Dort steigt sie bis zur Baumgrenze hinauf und im hohen Norden bis an den Eismeerrand. Sie wächst auch gut auf dauerfeuchten Böden mit Staunässe, daher ist sie häufig an Ufern und entlang von Bachläufen zu finden. Zusammen mit Erlen und Hasel wächst sie gerne an Waldrändern. Im Alpenvorland wird sie oft in Landschaft gestaltenden Alleen angepflanzt und in Mittel und Norddeutschland ist sie herausragender Bestandteil gemischter Windschutzhecken.
Mit einer Wuchshöhe zwischen 15 und maximal 20 Meter zählt die Eberesche zu den Kleinbäumen. Durch ihre Neigung zu Stockausschlägen und Mehrstämmigkeit erreicht sie oft nur die Höhe eines Großstrauches.
Die schlanke Krone ist rundlich bis eiförmig, manchmal ein wenig sparrig, generell aber von zierlicher Gestalt. Schlanke, walzenförmige Stämme, bildet gerne malerische mehrstämmige Strauchformen und Gruppen, im Hochgebirge bleibt sie zwergig.
In der Jugend glänzen glatt, gelblich bis grünlich grau, quer verlaufende Lentizellen. Im Alter matt grau, fein längs rissig, nur selten erreicht sie ein Alter, in dem sie grobe, schwarze, rissige Borke ausbildet.
Unregelmäßig, schräg nach oben strebend, junge Zweige tragen an der Triebspitze einen aschgrauen weichen Filz, später bildet sich eine dünne glänzende Rinde, unter welcher eine grüne Schicht Chlorophyll liegt, mit deren Hilfe bereits vor dem Blattaustrieb Photosynthese stattfinden kann.
Im Mai, Juni erscheinen zahlreiche cremeweiße, leider nicht sehr wohl riechende Schirmrispen. Diese endständigen Trugdolden enthalten 200 bis 300 bis zu 10 mm große Einzelblüten. Die Interflorenzachsen sind bei Sorbus aucuparia behaart bei der Unterart Sorbus ssp. glabrata hingegen fast kahl. Die zwittrigen Blüten sind fünfzählig radiär symmetrisch mit doppelter Blütenhülle. Fünf kurze spitze Kronblätter werden verdeckt von fünf längeren (3 bis 5mm) eiförmigen, genagelten Kronblättern. Die Vogelbeere blüht bereits ab dem fünften Jahr.
Im Herbst erscheinen die leuchtend rot orangen Früchte der Eberesche. Sie sehen zwar aus wie Beeren, sind aber botanisch gesehen kleine dreiteilige Äpfelchen von etwa 1cm mit je drei Kernen. Sie bleiben oft bis in den Winter am Baum und stellen daher ein wichtiges Nährgehölz vor allem für Vögel, aber auch für andere heimische Wildtiere, dar.
Die Samen durchwandern unverdaut den Verdauungstrakt von Vögeln und anderen Tieren und gelangen durch diese zur Ausbreitung
Das Holz der Eberesche ist feinporig, elastisch und hart und wird für Drechselarbeiten und in der Wagnerei verwendet.
Geschichte und Bedeutung
Die Vogelbeere begleitet den Menschen schon seit der Steinzeit, wie Funde von Grabbeigaben in steinzeitlichen aber auch bronzezeitlichen Gräbern belegen. Nicht nur als nahrhaftes und vitaminreiches Nahrungsmittel wurde sie geschätzt, auch ihre leuchtend rote Früchte und deren Saft fanden Verwendung in der traditionellen Volksheilkunde und im magischen Brauchtum. So hat die Eberesche auch viele regional sehr unterschiedliche Namen, wie zum Beispiel „Quickbaum“, die auf ihre uralte Bedeutung noch hinweisen: man schlug (erweckte, erquickte) im Frühjahr mit jungen Zweigen der Eberesche das Vieh, um seine Gesundheit und Fruchtbarkeit zu erwecken. Als einer der wichtigste Frühlingsbäume, mit seiner Fähigkeit sich leicht zu vermehren und überall schnell Wurzeln zu schlagen, mit ihrem roten Saft, welcher an Blut erinnert, wurde die Eberesche in ganz Europa als Lebensbaum schlechthin verehrt. Den keltischen Druiden galt sie als Überwinderin des kalten Winters und heiliger Orakelbaum und sie pflanzten kleine Haine, um dort ihre Rituale abhalten zu können. Heute wird der zierliche Baum gerne als Garten- und Landschaftsgehölz gepflanzt und findet aufgrund seiner guten Umweltverträglichkeit auch im städtischen Raum häufig Verwendung. 1997 wurde die Eberesche in Deutschland zum Baum des Jahres gekürt.
Aus der Baumapotheke
Der hohe Gehalt an Vitamin C brachte der Vogelbeere den Namen Zitrone des Nordens ein, früher verwendete man sie daher als Mittel gegen Scorbut. Weiters enthält die Eberesche noch Provitamin A und Sorbose, aus welcher man den Zuckerersatzstoff Sorbit gewinnen kann. Tees aus Blüten und Blättern werden in der Volksheilkunde zur Bekämpfung gegen Gicht und Rheuma eingesetzt.
In der Medizin spritzt man einen Auszug aus Sorbus aucuparia intravenös gegen zu hohen Augeninnendruck bei Glaukom.
Die Parasorbinsäure in den rohen Früchten, welche Magenbeschwerden und Durchfall verursachen kann, wird beim Kochen in Sorbinsäure umgewandelt, welche das so gewonnene Mus bekömmlich macht. Daraus entstanden unzählige regionale Rezepturen von äußerst gesunden und wohlschmeckenden Marmeladen Kompotten und Gelees.
Im Alpenraum wird aus der Vogelbeere der berühmte Vogelbeerschnaps gebrannt, ein, wegen seiner geringen Ausbeute, recht teurer, aber begehrter Edelbrand.
Schon gewusst?
Namensgebend für die Vogelbeere war nicht nur ihre große Beliebtheit bei vielen Vogelarten. Leider wurde sie traditionell zum Fang ebendieser oft sehr seltenen Vögel verwendet, indem man die Zweige der fruchtbehangenen Bäume mit Leim bestrich.
Die Herkunft des Namens Eberesche ist umstritten. Zum einen gibt es die Meinung, er rühre daher, dass man sie früher zur Schweinemast heranzog. Andere führen den Wortteil Eber auf das mittelhochdeutsche Aber zurück, also die Aber-esche, die falsche Esche: bei schnellem Hinschauen, ähneln die gefiederten Blätter der Esche denen der Eberesche.