Prunus avium
Vogel-Kirsche
Familie: Rosengewächse (Rosaceae)
Auf dem Hang des Wildobstgartens nach der jungen Mandel und der Quitte ist frei stehend die Vogel-Kirsche, als schon lange dort Platzhalterin, nicht zu übersehen. Weder im Frühling als weiße Blütenwolke, noch im Sommer voller Früchte und nicht im Herbst mit ihrem Feuerwerk aus Laub.
Steckbrief
Das natürliche Verbreitungsgebiet umfasst das gemäßigte Europa, die nördliche Türkei, Kaukasien, Transkaukasien und den nördlichen Iran. In Nordafrika, im südlichen Turkestan, in Vorderindien und im östlichen Nordamerika wurde die Vogel-Kirsche allerdings eingeführt. Laut Archäologie ist die Wild-Kirsche in Europa seit der Jungsteinzeit heimisch. Die erste schriftliche Erwähnung von Kulturkirschen (veredelten Sorten) stammt aus Kleinasien Ende 4. Jahrhundert vor Christus.
Die bevorzugten Böden sind mittel- bis tiefgründige, nährstoff- bis basenreiche Lehm- oder Mullböden, der bevorzugte Standort ist ein wärmer Halbschatten und daher wächst sie gerne an Waldrändern in Buschgemeinschaften mit Hollunder, Hartriegel, Schneeball und Schlehen. Die Art kann aber aufgrund ihrer starken Eigenverjüngung regelrechte Vogel-Kirschen-Wälder bilden. In den Alpen wächst die Vogel-Kirsche bis 1700 Meter, im Kaukasus sogar bis 2000 Meter.
15-20, selten bis 30 Meter.
Ihre Krone ist breit kegelförmig bis rundlich mit kräftigem, geradem Stamm.
Die Rinde junger Zweige ist anfangs grün, kahl, glatt, lederartig, glänzend und später rötlich-grau gefärbte, mit Korkwarzen waagrecht gebänderte Rinde (auch „Ringelborke“ genannt).
Dick und stark mit Kurztrieben besetzt. An den Langtrieben sitzt eine Endknospe.
Die Blüten erscheinen kurz vor der Blattentfaltung zu 2-3 an belaubten Kurztrieben. Sie duften schwach nach Honig, der Blütenbecher mehr als die reinweißen Kronblätter, Bestäuber sind vor allem Honig- und Wildbienen.
Kugelförmige Steinfrüchte, ca. 1 cm im Durchmesser, lang-gestielt, schwarz-rot, mit 1-samigem Steinkern.
Das im Kern rötlich-braune Holz wird vor allem als Furnierholz für den Innenausbau und als Möbelholz verwendet. Nach der Blütezeit seiner Verwendung im Zeitalter des Biedermeier gewinnt es heute wieder an Wert.
Geschichte und Bedeutung
Der zentrale wirtschaftliche Nutzen ist die Veredelung zu Nutzkirschen. Als Veredelungs-Unterlage für die Kulturform der Süß- und Sauerkirsche wurden im 19. Jahrhundert Wildformen der Vogelkirsche benutzt. Zum Beispiel ist der Anbau von Süßkirschen in Deutschland nach dem von Äpfeln der Fläche nach bedeutendste Baumobstanbau. Auch in der der Imkerei ist die Süßkirsche aufgrund des hohen Zuckergehalts ihres Nektars und ihres hohen Zuckerwerts eine geschätzte Tracht.
Aus der Baumapotheke
Das aus den Baumwunden austretende Harz, Kirschgummi oder Katzengold genannt, wurde nicht nur zur Versteifung von Filzhüten gebraucht, sondern galt in Wein aufgelöst aus guter Hustensaft.
Schon gewusst?
Der wissenschaftlicher Artname der Wildkirsche „Prunus avium“ geht auf die Vorliebe der Vögel (lat.: avis) für die kleinen Früchte zurück, weswegen sie hier zu Lande meist Vogel-Kirsche genannt wird. Das süße Fruchtfleisch ist Anreiz für den Verzehr und damit wird der Baum-Same im Inneren des Steinkerns über den Verdauungsweg verbreitet. Ein zusätzlicher Schutz des Samens stellt das Glycosid Amygdalin dar, das in Gegenwart von Wasser und dem Enzymgemisch Emulsin giftige Blausäure (HCN) abspaltet. Im unbeschädigten Samen sind Enzym und Amygdalin strikt getrennt aufbewahrt, denn die Blausäure wäre auch für die Planze tödlich. Erst wenn jemand darauf kaut, kommen beide Substanzen zusammen und setzen das Gift frei. Es gibt verschiedene Ausbreitungsarten: Verdauungsausbreitung durch Säugetiere, Versteckausbreitung durch Eichhörnchen und Mäuse und Mundausbreitung durch Abschälen des Fruchtfleisches durch Vögel.